Aus diesen Gründen trinken Deutsche Leitungswasser
Literaturanalyse und Online-Umfrage zum Wasserkonsum liefern interessante Einblicke in das Trinkverhalten der Deutschen.
Leitungswasser ist die umweltfreundlichste, bequemste, günstigste und beste Wahl, wenn es um Trinkwasser geht. Ein Blick in Studien und Umfragen zeigt, dass das Umweltbewusstsein und die Nachhaltigkeitsbestrebungen bei den Menschen zunehmen. Sie zeigen auch, dass in Deutschland durchschnittlich 50 Prozent der Befragten immer, häufig oder regelmäßig Leitungswasser trinken. Dennoch wird hier nach wie vor viel Wasser aus Flaschen getrunken – im Jahr 2021 waren es 13,5 Milliarden Liter. Deshalb ist das Ziel des vom Umweltbundesamt geförderten Kooperationsprojekts “Hemmungslos Trinkwasser” von a tip: tap e.V., co2online und dem Projekt “PuR” der TU Berlin neue Kommunikationsmaßnahmen zu entwickeln, um noch mehr Menschen für Leitungswasser zu begeistern und ihnen so einen niedrigschwelligen Einstieg in eine nachhaltige Lebensweise aufzuzeigen. Um diese passgenau auf bestehende und neue Zielgruppen zuschneiden zu können, war eine Online-Umfrage im Januar 2024 wichtiger Bestandteil des Projekts, um Hemmnisse und Motive von (Leitungswasser-)Wassertrinker*innen zu erfragen. Grundlage für diese Umfrage war eine umfangreiche Literaturanalyse:
Die Literaturanalyse sowie die Erfahrungen aus der Vereinsarbeit von a tip: tap zeigen ein erstes Bild über die Wahrnehmung und Einstellung der Menschen zu Leitungswasser. Interessant war hierbei zum einen die Erkenntnis, dass nicht in erster Linie Nachhaltigkeitsgründe, sondern vor allem Aspekte wie Preis und Bequemlichkeit als Motivationsfaktoren für den Leitungswasserkonsum von Bedeutung sind. Zum anderen, dass die Wahrnehmung von Leitungswasser durch Werbung beeinflusst wird, die Flaschenwasser zu einem besonderen Produkt mit Status erhebt und Menschen dazu veranlasst, z.B. Gästen eher Flaschenwasser anzubieten. Auch die mangelnde Verfügbarkeit von Leitungswasser unterwegs und in Restaurants hemmt den Konsum – dies liegt zum einen an der noch unzureichenden Infrastruktur öffentlicher Trink-Orte, zum anderen ist die Hemmschwelle, in Restaurants nachzufragen, aufgrund negativer Erfahrungen hoch.
Diese ersten Erkenntnisse sowie der Einblick in den Aufbau und die Durchführung von Umfragen zum Thema gaben wichtige Hinweise zur Entwicklung der im Rahmen des Projekts durchgeführten Online- Umfrage.
Die Online-Umfrage lief vom 11. bis zum 21. Januar 2024, und richtete sich sich sowohl an Flaschen- als auch an Leitungswassertrinker*innen. Hauptadressat*innen waren Abonnent*innen des co2online-Newsletter-Verteilers, sie wurde jedoch auch über Social-Media-Kanäle und Mailings verbreitet. Insgesamt nahmen 5490 Personen an der Umfrage teil. Die Umfrage ist daher eine der größten zum Thema Leitungs- und Flaschenwasser der letzten Jahre.
Sowohl für die Erstellung, als auch die Durchführung und Auswertung der Umfrage war die gemeinnützige Beratungsgesellschaft co2online verantwortlich. Ihre Auswertung ergab, dass 90% der Befragten regelmäßig Leitungswasser konsumieren. Von diesen trinken 48% ausschließlich Leitungswasser, die übrigen 42% decken nur einen Teil ihres Wasserbedarfs mit dem aus der Leitung (siehe Grafik).
Nur 10% aller Befragten sind reine Flaschenwassertrinker*innen. Besonders Frauen und jüngere Menschen, die normalerweise Flaschenwasser trinken, haben schon mindestens einmal Leitungswasser ausprobiert. Das zeigt, dass sie zumindest offen für das Thema sind. Wie bereits in der Literaturrecherche, zeigen auch die Umfrageergebnisse, dass Menschen, die meistens Leitungswasser trinken, vor allem die Qualität, den Komfort und die geringen Kosten schätzen. Interessant ist hierbei, dass Faktoren wie Qualität auch bei den Flaschenwassertrinker*innen eine Rolle bei der Wahl des Wassers spielen. Darüber hinaus sind Geschmack und Gewohnheit für sie wichtige Motive. Als größtes Hemmnis für den Genuss von Leitungswasser hat sich in unserer Umfrage der Wunsch nach Sprudelwasser herausgestellt. Das ließ sich für beide Gruppen feststellen und ist ein Grund dafür, dass selbst Leitungswassertrinker*innen immer wieder zu Flaschenwasser greifen. Das hat uns sehr überrascht, da es inzwischen viele Wassersprudler auf dem Markt gibt.
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurden zwei Design Thinking Workshops im Frühjahr 2024 durchgeführt. Im ersten wurden Personas von Leitungswasser- und Flaschenwassertrinker*innen herausgearbeitet, die die Hemmnisse bzw. Motivationsfaktoren “personifizieren” und ihnen dadurch ein Profil geben. Dadurch konnten im zweiten Workshop auf die Gruppen zugeschnittene Kommunikationsmaßnahmen erdacht werden, um die jeweiligen Hemmnisse gegenüber Leitungswasser abzubauen bzw. die Motivation zum Leitungswassertrinken zu multiplizieren. Diese Kommunikation wird nun über den Sommer bei Infoständen und durch eine digitale Kampagne getestet.