Handlungsempfehlungen für Leitungswasser in Kantinen

Unser Trinkverhalten kann einen großen Beitrag zur CO2-Einsparung und Abfallvermeidung leisten. Zudem ist Trinkwasser Teil einer ausgewogenen Ernährung und fördert die Gesundheit und Konzentration. Die Integration von Leitungswasser in die Gemeinschaftsverpflegung kann also ein einfacher Weg sein, nachhaltig zu sein und gleichzeitig einen Beitrag zur Gesundheit zu leisten.

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vom 23. Mai bis 10. Juli 2022 durchgeführten Umfrage zum Thema Leitungswasser und Mehrweg in Kantinen sowie weiterführender Gespräche haben wir Handlungsempfehlungen für die Politik entwickelt, wie Leitungswasser in den Kantinenalltag integriert werden kann und so für mehr Nachhaltigkeit sorgt.

Des Weiteren wollen wir hier Hilfestellungen zum Ausräumen bestehender Vorbehalte geben und an einem Best-Practice-Beispiel zeigen, wie es funktionieren kann.

Handlungsempfehlungen

Wir sprechen folgende Handlungsempfehlungen aus:

Verankerung von Leitungswasserausschank in den Kantinenrichtlinien des Bundes und der Länder

Im Rahmen von Konzepten wie dem Maßnahmenpaket für eine klimaneutrale Bundesregierung werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Bundesberwaltung in Zukunft nachhaltiger gestaltet werden kann, auch beim Catering und in der Gemeinschaftsgastronomie.  Der Bund betreibt rund 150 eigene Kantinen oder hat sie verpachtet und könnte hier zentrale Standards setzen. Auch Studentenwerke agieren meist in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts und betreiben bundesweit eine Vielzahl von Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen (Mensen). Die Richtlinien für Kantinen bei Dienststellen des Bundes regelt den Betrieb von Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung in Dienststellen des Bundes und bei öffentlichen Zuwendungsempfängern. In den Bundesländern gelten zum Teil landesspezifische Verordnungen. Bisher werden keine Vorschriften oder Empfehlungen zum Angebot von Leitungswasser gemacht – das sollte sich hinsichtlich der Nachhaltigkeitsambitionen der Bundesregierung ändern. In Nr. 3 der Kantinenrichtlinien des Bundes sollte folgender Satz als Satz Nr. 4 neu eingefügt werden: “In der Kantine muss Trinkwasser zum Verzehr kostenfrei zur Verfügung gestellt werden”. Entsprechend sind auch die Kantinenrichtlinien der Länder anzupassen.

 

Aufnahme einer Verpflichtung zum Angebot von Leitungswasser in die Gaststättengesetze des Bundes und der Länder

Auch das deutsche Gaststättenrecht hat den Ausschank von Leitungswasser bisher nicht aufgegriffen. In einer ersten Fassung der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie war die Verpflichtung vorgesehen, Leitungswasser kostenlos oder gegen eine geringe Servicegebühr anzubieten, wurde dann aber auf eine Empfehlung abgeschwächt. Nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit, sondern auch im Sinne des Hitzeschutzes bei steigenden Temperaturen ist es sinnvoll, dass Gastronomiebetriebe auf Nachfrage Leitungswasser anbieten müssen. Länder wie Frankreich und Spanien haben ihre Gesetze bereits entsprechend angepasst. In §6 des deutschen Gaststättengesetzes (“Ausschank alkoholfreier Getränke”) sollte als neuer Satz Nr. 3 folgender Satz eingefügt werden: “Trinkwasser ist kostenlos oder gegen eine geringe Dienstleistungsgebühr anzubieten.”

 

Unterstützung der Gemeinschaftsgastronmischen Einrichtungen 

Um den Übergang und den Betrieb eines Leitungswasserangebotes zu erleichtern, sollten die Betreiber von Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen von der Verwaltung unterstützt werden, zum Beispiel durch:

  • (1) finanzielle Hilfen bei der Einrichtung der Infrastruktur und der Ausstattung
  • (2) Beratung zu Hygienemaßnahmen, -bedenken, Haftung
  • (3) die Bereitstellung von Informationen, um die Vorteile des Trinkens von Leitungswasser zu „bewerben“.

Auf Nachhaltigkeit bei Ausschreibungen achten

Oft erhält bei Ausschreibungen nach wie vor das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag. Seit 2016 gibt es bei der öffentlichen Auftragsvergabe in Deutschland jedoch mehr Möglichkeiten, soziale und ökologische Kriterien zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass ein Auftrag auch an einen teureren Anbieter vergeben werden kann, wenn dieser qualitative, soziale oder ökologisch Aspekte nachhaltiger berücksichtigt als andere Anbieter. Bei der Ausschreibung einer Kantinenpacht, sollten entsprechend Nachhaltigkeitsstrategien der Bewerber berücksichtigt werden.

Kommunikationshilfen

Zur Unterstützung in der Kommunikation mit Kantinenbetreiber*innen haben wir folgende Hinweise bezüglich möglicher Fragen/Bedenken:

Vorbehalte Einwand
Umsatzeinbuße Es werden auch weiterhin Softdrinks/Säfte getrunken, Ausgleich durch Speisen schaffen, Trinkwasserpauschale einführen
Hygiene Ein Grundhygieneanspruch ist durch den Kantinenbetrieb gegeben. Regelmäßige Tests an den Spenderndurchführen, Beratung durch z.B Spenderhersteller oder Gesundheitsamt in Anspruch nehmen
Mehraufwand Eigentlich ist es weniger Aufwand: Kein Kistenschleppen oder -räumen, keine Bestellungen-  lediglich regelmäßiger Hygienecheck und Karaffen/Gläser spülen
kein Interesse/keine Aufmerksamkeit Bewerben des Angebots und Hinweis des positiven Umwelt- und Gesundheitsimpacts von Leitungswasser
Logistik bei Veranstaltungen Ein Trinkwasseranschluss ist fast überall vorhanden, Karaffen können auch gemietet werden

Best Practice: Leitungswasser in den Betriebsrestaurants  der Stadt Stuttgart

Im Nachgang der Umfrage wurden weitere Fragen an Gemeinschaftsgastronomie Betriebe versendet um die Thematik zu vertiefen. Antwort kam unter anderem von der Sachgebietsleitung Dienstleistungen für städtische Beschäftigte und Betriebsrestaurants Stuttgart. In den Betriebsrestaurants der Stadt Stuttgart wird Leitungswasser ausgeschenkt.

Was sind die Gründe dafür, dass Leitungswasser in der Kantine ausgegeben wird?

Welche Vorteile entstehen durch den Ausschank von Leitungswasser?

Wie wird der Leitungswasser Ausschank vom Personal wahrgenommen? 

Gab es durch den Ausschank von Leitungswasser Einbußen im Umsatz? Falls ja, wie wurde damit umgegangen?

Wie ist das Feedback der Gäste ?

Warum gibt es in Deutschland Hemmungen Leitungswasser anzubieten, während es in anderen Ländern durchaus üblich ist?

Welche Tipps geben Sie anderen Mensa-/Kantinenbetreiber*innen für den  Umstieg?